Das Priestertum: ein Leben der Armut in der Nachfolge Christi

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(Übersetzung des englischen Originalartikels von P. Jérôme Bücker FSSP)

Das Priestertum in der Nachfolge Christi ist in den „Evangelischen Räten“ der Armut, Keuschheit und Gehorsam verwurzelt. Im Gegensatz zu Gier, Profit und Besitz stehend, befreit die Übung dieser Räte den Priester von Hindernissen, ein alter Christus zu sein. Sie helfen ihm, in seinem Leben aus Liebe zu Gott die Nächstenliebe über die Dinge dieser Welt zu stellen.

Wenn sich ein Priester durch ein einfaches Leben von irdischen Besitztümern loslöst, so befolgt er die Worte des Herrn: „Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben.“ (Mt 10,8) Der Priester, der die Freuden und Leiden seines Berufs auf sich nimmt, sucht nicht nach Belohnung in Form von Geld oder Besitztümern, sondern erstrebt vielmehr die Bereicherung der seinem Dienst anvertrauten Seelen. Die Möglichkeit, am Ende des irdischen Lebens dem himmlischen Vater Seelen vorstellen zu können, bringt die Frucht für die Mühen jahrelanger priesterlicher Arbeit hervor: die Ehre Gottes.

Das Priestertum des hl. Johannes-Maria Vianney zeigt beispielhaft diese Hingabe: Ob im Beichtstuhl oder in den Straßen von Ars – der selbstlose Heilige sorgte sich nur um die Seelen seiner Gläubigen, ohne auf Armut oder Reichtum zu achten. Das Priesterleben des heiligen Pfarrers war nur die Fortsetzung seines vorhergehenden Wirkens als einfacher Hirte, der sich der Pflege seiner Schafe widmete.

Seine Liebe zu einem einfachen Leben fand bereits zu seiner Weihe Wertschätzung. Während seiner ersten Tätigkeit ermunterten sich Johannes-Maria und sein Pfarrer gegenseitig in ihren aszetischen Übungen. Obgleich Weltpriester, war der Pfarrer von Ars auch Tertiar des Dritten Ordens des hl. Franziskus und folgte den Fußstapfen des heiligen Gründers, der Model und Inbegriff der priesterlichen Armut ist.

„Gott allein genügt“ – in dieser Erkenntnis liegt die Quelle der Armut des heiligen Priesters begründet. Er war überzeugt davon, dass die Allerheiligste Dreifaltigkeit auf dem Wege der göttlichen Vorsehung für alles Notwendige sorgen würde. Die Geldwerte, die durch seine Hände gingen, betrachtete er als Eigentum Christi und Seiner Kirche. Und auf wunderbare Weise blieben die Hände des Heiligen niemals leer, wenn es darum ging, einem Armen ein großzügiges Almosen zu geben, auch wenn er selber nur einen Groschen in der Tasche hatte.

Im Tode, nichts besitzend, übergab er seinen Leib der Erde, aus der er hervorging und seine Seele Gott, der sie erschaffen hatte. Er verstand seine Seele, deren Heil für ihn das wichtigste war, als Eigentum Gottes.

Die Armut des Pfarrers von Ars wird durch seine eignen Worte erklärt: „Gib alles weg, behalte nichts zurück.“ So verbrachte er sein Leben als armer Priester in einer armen Pfarrei. Hätte er ein Jahrhundert später gelebt, so hätte man ihn nicht in einem luxuriösen Auto, in feinen Restaurants, auf dem Golfplatz oder bei einer Unmenge von Erholungsaufenthalten angetroffen. Seine Regale wären nicht mit exquisiten Tropfen, Fernsehgeräten und Stereoanlagen gefüllt gewesen. Bei der Erfüllung seiner Pflichten hätte er nicht nach Ehrungen, Titeln, nach der Aufmerksamkeit der Medien oder dem Lob seiner Pfarrangehörigen gestrebt. Für ihn lag die Antwort in der Frage: „Hätte Christus diese Dinge besessen oder erstrebt?“

Während der hl. Johannes-Maria unablässig danach strebte, andere zu Gott zu führen, missbrauchte er nicht seine große Autorität. Seine pastorale Arbeit wurde von einer wirklichen Liebe zu den Seelen begleitet. Seine Beweggründe waren nicht ichbezogen, sondern ganz auf seine Gläubigen ausgerichtet. Er sprach nicht von sich selber oder fürchtete die Meinung anderer, sondern machte Christus zum Zentrum all seines Tuns. Der Gedanke, sein Gebetsleben und sein priesterliches Wirken aufzugeben, und in den Ruhestand zu gehen, kam für den Patron der Pfarrer nicht in Frage. Sein Wunsch, im Alter Buße in einem Kloster tun zu können, wurde durch sein rastloses Tun bis zum letzten Atemzug ersetzt.

Heute läuft der Priester Gefahr, zu meinen, dass sein Verzicht auf Frau, Kinder und eine gutbezahlte Karriere durch die Güter dieser Welt, Titel oder Anerkennung aufgewogen werden sollte – und verkennt dabei, dass diese Dinge den Priester, der Christi Eigentum ist, vereinnahmen.

Durch sein einfaches Leben, dass sich nicht in Banalitäten verliert, lenkt der Priester die Aufmerksamkeit der Menschen von weltlichen Dingen weg, gemäß der Worte des Herrn: „Ich lebe von einer Speise, die ihr nicht kennt.“ (Jo 4,32) Die eigene Heiligkeit und der Dienst an den Seelen ist der Unterhalt für den Priester. Er lebt für die Seelen – und würde sogar für sie sterben. Der Materialismus wird durch die Sorge um das Seelenheil ersetzt, die Armut wird bereitwillig angenommen, so dass kein Bedürfnis nach Zerstreuungen besteht. Die materielle Armut des hl. Johannes-Maria wurde durch den unermesslichen Reichtum zahlloser Seelen ersetzt, für die wirkte und für die er ein leuchtendes Beispiel der Nachfolge Christi war. Es gab für ihn keinen größeren Besitz, keine größere Ehre, als Gott in der Ewigkeit besitzen zu dürfen.

Im kalten Beichtstuhl wurde er durch die Barmherzigkeit Gottes gewärmt, zu der die Sünder zurückkehrten. Bei Tisch aß er wenig und wurde doch durch den König des Himmels genährt. Seine brennende Liebe zu den Seelen überwand seine Müdigkeit. Wahrlich – er war ein reicher Priester!

P. Eric Flood
Nordamerikanischer Distriktoberer

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